Freitag, 12. Mai 2017

La Selva - ein echtes Abenteuer

Es beginnt so harmlos. Das Abenteuer unseres Dschungelaufenthaltes.
Wir sitzen bei gefühlt 30° Celsius und 95 % Luftfeuchtigkeit in der offenen Halle und warten auf das Mittagessen. "Draußen", etwa 30 Meter entfernt, rauscht der Alto Rio Madre De Dios Richtung Amazonas. In den Verbenenbüschen tanzen grüne, blaue und braune Kolibris. Über die warmen Steine huschen braun-rot-grüne Echsen. 
Nach ca. anderthalb Tagen Anreise sind wir in unserem "Basislager" angekommen. Wobei die Reise selbst schon Teil dieses Erlebnisses ist. Dazu später mehr.
Unser Zimmer in der Lodge
Nach dem Essen und einer ausgiebigen Siesta, als die größte Hitze vorbei ist, geht es los - unser erstes Dschungeltrekking. Gummistiefel und Taschen- bzw. Stirnlampen gehören zur Grundausstattung, außerdem noch Fotoapparate und Ferngläser. Es gibt viel zu sehen und zu dokumentieren.
Ronald erklärt
Etwa zwei Stunden dauert unser Marsch durch den Dschungel, immer wieder weist uns Ronald, unser Führer, auf eine Pflanze, einen Baum, ein Termitennest, eine Ameisenstraße hin.
Dass ich tierlieb bin, weiss jeder, der mich kennt. Dass ich dennoch keine Vegetarierin bin, ist auch bekannt. Dass ich allerdings auf unserem Dschungel-Trek ein lebendes Insekt verspeisen würde, und zwar nicht aus Versehen - wer hätte das gedacht? Eine der Kanadierinnen erzählt unterwegs, sie habe bereits Burger aus gerösteten Würmern (!) gegessen. Und das sei ziemlich lecker gewesen. Okay, denke ich, jedem das Seine.
Termitenverkostung
Dann stehen wir vor einem Termitennest, und Ronald erklärt uns, diese Tierchen seien nicht nur nützlich, sondern auch schmackhaft und äußerst gesund. Jede Menge Proteine... Und er kratzt an dem Nest, die kleinen Kerlchen kommen ans Tageslicht, Ronald pickt sie im Pinzettengriff heraus und steckt sie sich in den Mund. Unsere Kanadierin tut es ihm nach, findet den Geschmack ganz apart. Ja, und ich traue mich auch! Die Superportion Protein schmeckt nicht nach Tier, eher nach Holz. Und seltsamerweise graust es mich kein bißchen. Die erste Lektion "Überlebenstraining" ist erfolgreich bestanden.

Ronald sucht die Passage
Zuletzt kommen wir an einen Flussarm. Aha. Und jetzt? Ronald bewaffnet sich tatsächlich mit einem Stock, watet hinein. Wir warten auf einer Kiesbank am Ufer. Er testet die Tiefe aus - wir sollen da tatsächlich alle hindurchwaten! "Es ist nicht mehr weit zur Lodge", erklärt er uns. Er kommt allerdings bald zurück - der Fluss führt zuviel Wasser. Und jetzt? Den ganzen Weg zurück? Es ist halb sechs, es wird schon langsam dunkel.
Ronald holt weitere Stöcke, versucht, sie als Machete zu benutzen. Damit will er das Dickicht am Ufer soweit zurückstutzen, damit
wir an der Uferzone bis zu einem Weg durch den Dschungel waten können. Nach vielleicht 50 Metern kehren wir um - schon wieder zu tief... Wir versammeln uns wieder auf der Kiesbank im Flussarm. Ronald erklärt uns, dass er sich alleine am Ufer bis zur Lodge durchkämpfen will, um noch Unterstützung mit Macheten zu holen. "Es ist nicht mehr weit, dauert vielleicht 10 Minuten". Er macht sich auf den Weg, eine Zeitlang sehen wir noch seine Taschenlampe flackern.Wir warten. Mittlerweile bescheint der fast volle Mond die Szenerie, spendet immerhin etwas Licht.
Eine etwas gespenstische Stimmung: 7 Gäste aus Europa und Nordamerika stehen im Mondlicht auf einer Kiesbank mitten im Dschungel von Peru. Ene riesige Fledermaus flattert über uns hinweg. Möglicherweise dieselbe, die sich kurz darauf in unsere Gruppe verirrt und Gabrieles Kopf streift. Ab und zu flackert ein Licht im Dschungel auf. Ronald? Nö, war wohl doch nur ein Glühwurm (die sind hier ziemlich groß).
...und der Mann im Mond schaut zu
Als dann - nach fast einer Stunde - tatsächlich das Licht zweier Lampen auftaucht, ist die Erleichtung spürbar, wir klatschen Beifall. Ronald ist mit dem Eigner der Lodge gekommen, bewaffnet mit Macheten. Allerdings müssen wir noch mal ca. 40 Minuten durch den Dschungel marschieren, der Weg durch das Wasser ist wegen des ungewohnt hohen Pegels versperrt. Es wird ein regelrechter Gewaltmarsch. Mit Stirn- und Taschenlampen wird der matschige, manchmal steinige, von Wurzeln durchsetzte Pfad ausgeleuchtet. Auf und ab geht es, immer wieder schlängeln sich uns Pflanzenarme und Dornenranken in den Weg. Jeder hilft jedem, so gut es geht - trotz des Tempos und der Müdigkeit kommt niemand zu Fall.
Als wir endlich wieder in der Lodge sind, begrüßt uns der Rest der Begleitmannschaft mit lautem Hallo und Beifall. Der größte Stein - wenn einer reicht - fällt aber garantiert Ronald vom Herzen.

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